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Di./Mi., 22./23. Jan. 2019

Um 8:30 Uhr geht mein Bus nach Puno am Titicaca-See. Ich fahre wieder mit Cruz del Sur und habe den Sitz im oberen Stock ganz vorne. D.h. fast 180° Grad Sicht nach draußen. Und der Sitz neben mir ist wieder mal frei…sollte mich das nachdenklich stimmen? Nein, es soll einfach so sein und wird mir gegönnt. Wie schon gesagt liebe ich es, während der Fahrt die Landschaft zu betrachten und deren Wandel über die Zeit zu sehen. Die Fahrt geht durch die wilde, fast menschenleere Landschaft von Peru in Richtung Nord-West. Ich habe noch kein solches Land gesehen, dass so eine Vielfalt an Geländeformationen, Erosionsgebilden, Farben und schnell wechselnden Wetterbedingungen hat. Insbesondere die Kombination dieser Eigenschaften macht es so einzigartig.

Über die Zeit hier auf diesem Kontinent hat sich so manches bei mir weiterentwickelt. Sei es das bewusste er-leben des „Hier und Jetzt“, eine zunehmende Gelassenheit und Entspanntheit bzgl. Planung und Absicherung, das Loslassen von Erwartungen und Gegebenheiten. Und auch ein zunehmende freundliche Beharrlichkeit. Natürlich gibt es immer noch Dinge, die mir auf den Senkel gehen…und die werde ich auch noch los :-).

Um ca. 15 Uhr schlage ich in Puno auf. Die Fahrt war kurzweilig und ich werde am Busbahnhof gleich vom Hostel abgeholt. Perfekt. Den restlichen Tag verbringe ich damit, mich etwas zu orientieren und einen Trip zu den Islas de Uros und zur Isla Taquile zu organisieren (bzw. das Hostel damit zu beauftragen).

Einschub:
Die Uru (Plural: Urus; spanisch: Uro bzw. [Mehrzahl:] Uros) sind eine ethnische Gruppe Indigener am Titicaca-See bei Puno in Peru, derzeit etwa 2000 Menschen. Die Urus leben auf derzeit 49 „schwimmenden Inseln“, die sie aus getrockneten Totora-Schilf herstellen. Dieselbe Pflanze ist unter anderem auch Rohstoff für Schilfboote und die Häuser auf den Inseln. Die Inseln, auf denen nur noch wenige hundert Urus leben, befinden sich 5 km östlich vom Hafen Puno. Die Mehrzahl der Urus lebt inzwischen auf dem Festland.

Am nächsten Tag werde ich um 7:30 Uhr abgeholt und es geht zum Hafen. Meine Laune hält sich in Grenzen, denn es regnet und der Himmel ist tiefgrau. „So ein Mist“, denke ich und versuche mich im Perspektivenwechsel… Unser Guide erklärt uns, dass das Wetter in der Regenzeit stets so ist und der Regen in einer Stunde oder weniger sich verzogen haben wird. „Ja, is klar“, denke ich. Das ist ja wohl eher eine Beruhigungsstrategie für unzufriedenen Touris. Mal sehen. Wir fahren gemütlich zum ersten Ziel, den Islas de Uros. Wir fahren deshalb so langsam, um dem Regen die Zeit zu geben, sich zu verziehen. Ich versuche meine Energie auf den Gedanken zu lenken.

Was soll ich sagen, als wie an der Insel ankommen, die wir besuchen dürfen, hat es aufgehört. Es tröpfelt noch ganz leicht, nicht der Rede wert. Ich bin begeistert. Auf unserer Insel leben 5 Familien mit insgesamt 20 Personen. Jede Insel besitzt auch einen Präsidenten, der das Oberhaupt darstellt. Wir dürfen uns auf der Insel umfassend umsehen, eine Hütte betreten und eine kleine Rundfahrt mit dem inseleigenen Schilfboot machen. Auch wenn es touristisch ist, bekommen wir einen guten Endruck über die Lebensweise der Menschen hier. Mittlerweile scheint die Sonne und wie haben blauen Himmel. Ohne Worte!

Weiter geht dann die Fahrt in Richtung Isla Taquile. Wir können nun sogar draussen an Deck sitzen und die Landschaft betrachten. Es ist frisch und gut auszuhalten mit der richtigen Kleidung. Auf Taquile machen wir eine kleine Wanderung bergauf bis unserem Treffpunkt zum Mittagessen. Die Insel besitzt viele Terrassen um den Anbau von Ost und Gemüse möglich zu machen.

Einschub:
Taquile (Spanisch) oder Intika (Quechua) ist eine Insel im peruanischen Teil des Titicaca-Sees, 45 km von der Stadt Puno entfernt. Die Insel ist etwa 5,5 km lang und bis zu 1,6 km breit. Der höchste Punkt liegt bei 4.050 m Höhe über dem Meeresspiegel, der größte Ort bei 3.950 m (zum Vergleich die Wasseroberfläche des Titicaca-Sees: 3.810 m). Taquile hat etwa 1.700 quechuasprachige Einwohner, die auf Spanisch Taquileños genannt werden. Das Quechua (Variante Qusqu-Qullaw) wird von allen Altersstufen aktiv gesprochen. Besonders unter den Jüngeren sprechen viele auch Spanisch.

Beim Mittagessen komme ich mir Spaniern aus Madrid und Argentiniern ins Gespräch. Es ist ganz schön zu erleben, dass mein Spanisch mittlerweile dafür schon ausreicht. Anschließend erfahren wir mehr über die Lebensweise der Menschen hier. Sei es die Trachten und deren Bedeutung, über Ackerbau, Textilherstellung, Tanz und die gesellschaftliche Organisation. Danach geht es wieder zurück zum Boot und auf den Heimweg nach Puno.

Im „Heimathafen“ wieder angekommen haben wir alle einen ganz tollen und überraschenden Tag erlebt. Begonnen beim Wetter bis hin zu dieser doch fremden Kultur und deren Beständigkeit gegenüber allzu modernen Einflüssen.